Warum greifen wir zum „man“?
Die Verwendung des „man“ erfüllt häufig eine Schutzfunktion. Es ist ein sprachliches Hilfsmittel, um Unsicherheiten, Ängste oder soziale Dynamiken zu bewältigen. Hier sind drei zentrale Gründe, warum Menschen das „man“ nutzen:
- Schutz vor unangenehmen Gefühlen
Das „man“ schafft Distanz. Im NLP nennen wir dies „Dissoziation“ – die Fähigkeit, sich emotional von einem Erlebnis zu trennen und es aus einer neutraleren Perspektive zu betrachten. Wenn jemand sagt: „Man sollte aufhören, sich so viel Stress zu machen“, vermeidet die Person, das Problem direkt auf sich selbst zu beziehen. Dadurch wird es leichter, über unangenehme Themen zu sprechen, ohne die damit verbundenen Emotionen erneut durchleben zu müssen.
- Schutz vor Kritik
Das „man“ dient oft als unsichtbares Schutzschild. Aussagen wie „Man könnte es ja auch anders machen“ oder „Man sollte mutiger sein“ wirken weniger persönlich und verbindlich als „Ich sollte mutiger sein“. Indem wir das „man“ nutzen, schützen wir uns vor potenzieller Kritik oder Ablehnung. Besonders bei Menschen mit geringem Selbstbewusstsein oder in hierarchischen Kontexten ist dies ein häufiges Muster.
- Verbundenheit mit einer Gruppe
Das „man“ kann auch als Brücke zur Gruppe dienen. Es suggeriert, dass wir uns mit anderen verbunden fühlen und eine kollektive Wahrheit ausdrücken. Aussagen wie „Man denkt doch, dass …“ schaffen oft das Gefühl von Gemeinsamkeit und Zugehörigkeit. Gleichzeitig hilft das „man“, Konflikte zu vermeiden, indem es eigene Meinungen hinter einer allgemeinen Aussage versteckt.
- Übernommene gesellschaftliche Gewohnheit
Häufig wird das „man“ auch verwendet, weil es in der Gesellschaft eine etablierte Sprachgewohnheit ist. Von klein auf hören wir in Gesprächen Aussagen wie: „Man sollte höflich sein“ oder „Man sagt Danke“. Diese Sprache prägt unser Denken und wird unbewusst übernommen, ohne dass wir uns über die Auswirkungen oder Alternativen bewusst sind. Das „man“ wird so zur Standardform, die kaum hinterfragt wird, obwohl sie die Möglichkeit zur klareren und persönlicheren Kommunikation einschränken kann.
Das „man“ aus psychologischer Sicht
Studien, wie die von der University of Michigan, zeigen, dass die Verwendung von „man“ häufig mit dem Wunsch nach emotionaler Distanz und universeller Bedeutung verknüpft ist. Vor allem bei negativen Erlebnissen wird das „man“ genutzt, um diese Erfahrungen zu normalisieren und in einen breiteren, gesellschaftlichen Kontext einzubetten. Aussagen wie „Man sagt Dinge, die man später bereut“ ermöglichen es, persönliche Geschichten mit einer gewissen Distanz zu betrachten und gleichzeitig das Gefühl zu haben, dass auch andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Diese psychologische Funktion des „man“ ist nicht unbedingt negativ. Im Gegenteil: Es kann helfen, schwierige Themen zu reflektieren und gleichzeitig den emotionalen Schmerz zu lindern. Doch langfristig bleibt das „man“ eine Barriere, die echte Begegnung mit uns selbst und anderen erschwert.
Respekt vor dem „man“
In unseren Coachings und Seminaren begegnen wir dem „man“ mit Respekt. Es ist kein Zufall, dass Menschen es nutzen – es hat immer eine Funktion. Das „man“ zeigt uns, wo jemand gerade steht, welche Schutzmechanismen aktiv sind und welche Ängste, Unsicherheiten oder Bedürfnisse im Hintergrund wirken.
Das „man“ ist oft ein erster, mutiger Schritt, um überhaupt über ein Thema zu sprechen. Es ist der Anfang eines Prozesses, der schließlich zur bewussten Auseinandersetzung mit sich selbst führen kann.
Vom „man“ zum „ich“ – Der Schlüssel zur Begegnung
Im Laufe einer NLP-Ausbildung oder eines Coachings erleben wir immer wieder, wie Menschen diesen Übergang schaffen: Sie erkennen die Schutzfunktion des „man“, beginnen sie zu hinterfragen und wagen schließlich den Schritt zur Ich-Botschaft.
Aus „Man sollte weniger Angst haben“ wird „Ich will meine Ängste überwinden.“
Aus „Man müsste mal klarer kommunizieren“ wird „Ich möchte lernen, klarer zu kommunizieren.“
Dieser Wechsel vom „man“ zum „ich“ ist weit mehr als nur eine sprachliche Veränderung. Es ist ein Ausdruck von persönlichem Wachstum und Selbstermächtigung. Im „ich“ beginnt echte Begegnung – mit uns selbst und mit anderen. Das „ich“ steht für Verantwortung, Authentizität und Mut, sich so zu zeigen, wie wir wirklich sind.
Wie können Sie diesen Übergang schaffen?
- Achtsamkeit entwickeln
Beobachten Sie, wann und warum Sie das „man“ verwenden. In welchen Situationen taucht es besonders häufig auf? Was schützt es Sie vor?
- Mut zur Selbstverantwortung
Probieren Sie aus, „man“ durch „ich“ zu ersetzen. Spüren Sie, wie sich Ihre Aussagen verändern. Werden sie persönlicher? Klarer? Authentischer?
- Bewusstheit üben
Nehmen Sie sich Zeit, um zu reflektieren: Welche Themen bringen mich dazu, Distanz zu suchen? Welche Werte und Überzeugungen möchte ich bewusst vertreten?
- Unterstützung suchen
Manchmal ist der Übergang vom „man“ zum „ich“ herausfordernd. Ein erfahrener Coach oder ein strukturiertes NLP-Training kann dabei helfen, die eigenen Muster zu erkennen und neue Wege der Kommunikation zu erproben.
Ermutigung für Ihren Weg
Das „man“ ist kein Feind, sondern ein wichtiger Begleiter auf dem Weg zur persönlichen Entwicklung. Doch je häufiger Sie den Mut finden, es durch „ich“ zu ersetzen, desto mehr treten Sie in Kontakt mit sich selbst und Ihrer Umwelt.
Im „ich“ entstehen echte Begegnungen. Es macht Ihre Aussagen kraftvoller, Ihre Kommunikation authentischer und Ihre Beziehungen tiefer.
Was brauchen Sie, um diesen Schritt zu gehen? Jeder Moment, in dem Sie das „man“ durch ein „ich“ ersetzen, bringt Sie näher zu sich selbst – und zu einem erfüllteren, selbstbestimmteren Leben.
Trauen Sie sich – denn das „ich“ ist der Schlüssel zu Ihrer eigenen Geschichte.
Lieber Bernhard,
das ist ein sehr interessanter und inspirierender Blog-Artikel!
Herzliche Grüße
Danke