Grundannahme des NLP – Die Absicht hinter jedem Verhalten eines Menschen ist positiv,

unabhängig davon, ob aus dem Verhalten (nach eigener oder fremder subjektiver Einschätzung) Positives oder Negatives resultiert. Entscheidend ist aber nicht diese positive Absicht, sondern das Ergebnis des Verhaltens.

Das ist eine bemerkenswerte Grundannahme. Sie hat viele Facetten und bereichert das eigene Selbst- und Weltbild ungemein.

Ein Beispiel soll diese Facetten verdeutlichen. „Frau M. ist eine sehr gute Mitarbeiterin, zuverlässig und ideenreich. Wenn sie in Besprechungen ihre Ideen erläutern soll, kommt sie nicht zu Wort. Sie schweigt, die Ideen werden nicht umgesetzt“.

Nun ist das Verhalten von Frau M. für andere nicht nachvollziehbar. Es hat schon mehrfach dazu geführt, dass sie nicht befördert wurde und einen schlechten Stand bei den Kolleg:innen hat. „Im Gespräch ist sie so engagiert, aber bei Besprechungen sagt sie wieder nichts.“ D.h. das Ergebnis ihres Verhaltens ist für sie selbst und für das Unternehmen nachteilig.

Grundannahme positive Absicht

Wo ist nun die positive Absicht? Wenn wir in der Geschichte von Frau M. zurückgehen, können wir sie mit ihrem ersten Lehrer beobachten. In der Grundschule war Frau M. sehr gut, sehr engagiert und hat sich immer gemeldet. Leider war der Lehrer damit überfordert und sagte zu Frau M.: „Du bist eine sehr freche Schülerin, das gehört sich nicht! Wenn du dich weiter so benimmst, muss ich mit deinen Eltern reden.“

Diese Drohung hat Frau M. damals völlig aus der Bahn geworfen. Sie hat gelernt, dass sie sich schlecht benimmt, wenn sie sich einmischt. Um beim Lehrer nicht aufzufallen und das Elterngespräch zu vermeiden, wurde sie still. Die positive Absicht ist eine Art Überlebensstrategie in der Schule. Nicht auffallen bedeutet nicht angegriffen zu werden, reden bedeutet Gefahr.

Jetzt hat das neue Verhalten leider funktioniert. Der Lehrer beachtete sie nicht mehr, die Gefahr war gebannt. Die 6-jährige Frau M. hat dieses Verhalten als positiv erlebt und in ihr Leben übernommen. Auch in anderen Situationen ihres Lebens hat es gut funktioniert (z.B. ein Streit unter Kindern und Frau M. hält sich raus. Die Eltern loben sie dafür). So entsteht nach und nach die Strategie des Schweigens.

Frau M. wird älter, das Verhalten bleibt kindlich. Sie kommt damit lange Zeit relativ gut durchs Leben. Ab und zu möchte sie es anders haben, aber das geht leider nicht. Das nimmt Frau M. lange so hin. Längst ist die Ursprungssituation vergessen und sie kann sich ihr eigenes Verhalten nicht erklären.

„Ich bin eben ruhig.“ Damit wird das Verhalten sogar auf die Ebene der Persönlichkeit gehoben und macht eine Veränderung noch schwieriger. NLP unterscheidet hier ganz klar zwischen den Ebenen Verhalten, Glaubenssätze und Persönlichkeit. Verhalten auf der Ebene der Persönlichkeit sind deutlich stabiler und schwieriger zu verändern. Veränderungen auf der Verhaltensebene sind leichter umzusetzen.

Auch wenn wir Menschen sehr kreativ sind, um Strategien für unser Leben zu schaffen und alle Verhaltensweisen eine positive Absicht haben, müssen wir zwischen dem Verhalten und der positiven Absicht unterscheiden.

Im Beispiel von Frau M. schadet sie im Grunde nur sich selbst. Andere Verhaltensweisen schaden auch anderen. Gaffer bei einem Unfall erfüllen mit ihrem Verhalten durchaus eine positive Absicht für sich selbst (Befriedigung der Neugier o.ä.). Auch wenn ich hier die positive Absicht sehe, kann ich das Verhalten nicht anerkennen. Es geht nicht darum, unangemessenes Verhalten zu entschuldigen. Es geht auch nicht um Schuld. Es geht auch, besser trotz der positiven Absicht, um die Verantwortung für das eigene Verhalten.

Mit der Grundannahme als Maxime verändern sich Begegnung mit Menschen, die sich aus meiner Sicht unangemessen verhalten. Ich kann dem Menschen mit der Gewissheit begegnen, dass sein Verhalten eine positive Absicht hat (der Lehrer z.B. hat so seine Überforderung mit der Klasse in den Griff bekommen. Schlecht für Frau M., aber gut für ihn). Wenn ich jetzt auf den Lehrer schaue, dann muss ich nicht über den Lehrer schimpfen, sondern über sein Verhalten anfragen. Stell dir vor, du bist der Lehrer und du bekommst zwei verschiedene Reaktionen auf die Situation mit Frau M. zu hören.

  1. Sie sind ein typischer, unfähiger Lehrer
  2. In meiner Wahrnehmung haben Sie keine guten Ideen, wenn Sie mit Schülern überfordert sind.

Beide Sätze sind unangenehm für den Lehrer. Aber welcher Satz ist leichter zu akzeptieren und hat daher eine größere Chance, akzeptiert zu werden?

Die Unterscheidung zwischen Verhalten und Person in Gesprächen, Konflikten und Begegnungen ist ein echter Gamechanger im Leben.

Wir begegnen aber nicht nur anderen Menschen. Wir begegnen auch immer wieder uns selbst. Wenn wir unser eigenes Verhalten „bewerten“ (Warum habe ich schon wieder die ganze Tüte Chips gegessen?), gilt die Grundannahme ebenfalls. Auch unser Verhalten hat immer eine positive Absicht. Wenn ich das auch meinem Verhalten zugrunde lege, kann ich auch mit mir selbst anders, liebevoller umgehen. Eine positive Absicht für mein eigenes unerwünschtes Verhalten erlaubt mir einen anderen Blick darauf und auf nicht gelungene Veränderungen. Wenn ich die positive Absicht erkenne, kann ich überlegen, mit welchem anderen Verhalten ich die positive Absicht weiter erfüllen kann. So wird eine Verhaltensänderung leichter.

Sei nett zu dir selbst, du hast eine positive Absicht.

Alle Grundannahmen kannst Du hier finden: https://www.institut-muenster.de/die-grundannahmen-des-nlp/

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